Volker Sonntag, 15. Dezember 2023

Die Gefährdungs­beurteilung (kurz GBU)

Die GBU ist die Basis im Arbeits- und Gesundheitsschutz zur Ermittlung der Risiken und Reduzierung der Gefährdungen. Somit bildet sie die Grundlage zur Vermeidung von Unfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen und trägt somit entscheidend zur Verbesserung der Gesundheit der Beschäftigten bei.

Die folgenden Seiten geben Ihnen eine Übersicht, in welchen gesetzlichen oder berufsgenossen¬schaftlichen Anforderungen auf die Durchführung einer GBU hingewiesen wird. Beachten Sie, dass es sich hierbei nur um einen Auszug aus einschlägigen Vorschriften und Regeln handelt und kein Anspruch auf Vollständigkeit besteht.

Die Erstellung und Aktualisierung der GBU ist grundsätzlich Führungsaufgabe – Unterstützung erhält die Führungskraft dabei durch die Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Sifa) und die Betriebsärzte/innen. Besonders wichtig bei der Erstellung ist, dass die Sicherheitsbeauftragten der jeweiligen Arbeits¬bereiche und die Mitarbeitenden eingebunden werden. Gerade die Mitarbeitenden kennen am besten die Gefährdungen, Schwachstellen und Risiken.

Auch auf das Thema „Anpassung“ bzw. „Aktualisierung“ der GBU wird eingegangen. So gibt es verschiedene „Trigger“, nach denen die GBU angepasst werden muss oder sollte.

Erstellung und Pflege der GBU
Erstellung und Pflege der GBU

Systematisches Vorgehen (Prinzip) bei der Erstellung und Pflege der GBU

Anforderungen zur Erstellung einer Gefährdungs- und Belastungsbeurteilung ergeben sich u.a. aus nachfolgenden Gesetzen, Verordnungen, Vorschriften oder Regeln:

  • Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV)

    § 3 Gefährdungsbeurteilung
    § 3a Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten

  • Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz – ArbSchG)

    § 5 Beurteilung der Arbeitsbedingungen
    § 6 Dokumentation

  • Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln (Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV)

    § 3 Gefährdungsbeurteilung

  • Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung – GefStoffV)
    Gefährdungsbeurteilung und Grundpflichten

    § 6 Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung
    § 7 Grundpflichten

  • TRBS 1111 (Technische Regeln Betriebssicherheit)

    5. Durchführung der Gefährdungsbeurteilung

  • TRBS 1112

    4. Beurteilung der Gefährdung
    5. Durchführung der Instandhaltungsarbeiten

  • TRGS 400 (Technische Regeln Gefahrstoffe)

    4. Grundsätze zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung
    5. Ermitteln von Gefährdungen

  • DGUV Vorschrift 1

    § 3 Beurteilung der Arbeitsbedingungen, Dokumentation, Auskunftspflichten

  • Gesetz zum Schutz von Müttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium (Mutterschutzgesetz – MuSchG)

    § 10 Beurteilung der Arbeitsbedingungen; Schutzmaßnahmen

  • Gesetz über überwachungsbedürftige Anlagen (ÜAnlG)

    § 4 Gefährdungsbeurteilung

  • Gesetz zum Schutz der Arbeitenden Jugend (JArbSchG)

    § 28a Beurteilung der Arbeitsbedingungen

  • Biostoffverordnung (BioStoffV)

    § 4 Gefährdungsbeurteilung
    § 8 Grundpflichten

  • Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der manuellen Handhabung von Lasten bei der Arbeit (Lastenhandhabungsverordnung – LasthandhabV)

    § 2 Maßnahmen

  • Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen (Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung – LärmVibrationsArbSchV)

    § 3 Gefährdungsbeurteilung

Die GBU ist kein Dokument, das einmal die Gefährdungen bewertet – vielmehr handelt es sich um eine aktive Arbeitshilfe, die regelmäßig und bei bestimmten Anlässen die Situation prüft und neu bewertet. Im Folgenden sind einige Punkte beschrieben, die eine Aktualisierung der GBU erforderlich machen:

Anlässe zur Prüfung und Überarbeitung der GBU ergeben sich beispielsweise aus:

  • Unfällen
    • Nach jedem Unfall, egal ob mit oder ohne Ausfallzeit, soll untersucht werden, ob die Gefährdung in der GBU enthalten und richtig bewertet wurde.
  • Beinaheunfällen
    • Die Erfassung von Beinaheunfällen ist ein wichtiger Bestandteil eines präventiven Arbeitsschutzes – aus der Auswertung lassen sich häufig Rückschlüsse aus Gefährdungen im Arbeitsumfeld schließen.
  • Berufskrankheiten
    • Die Analyse der Umstände, die zu einer Berufskrankheit geführt haben, sollten ebenfalls Einzug in der GBU erhalten.
  • Fehlzeiten
    • Häufige Fehlzeiten in bestimmten Bereichen können ein Indikator dafür sein, dass eine Gefährdung vorliegt – häufig handelt es sich dabei um psychische Belastungen.
  • Störfällen / Notfällen
    • Treten Störungen an Maschinen oder Anlagen auf, ist meist auch die Sicherheit der Beschäftigten gefährdet – hier ist zu untersuchen, ob Stör- oder Notfälle korrekt bewertet wurden.
  • Geänderten und aktualisierten Maßnahmenplänen
    • Maßnahmen, die sich aus der Risikobewertung ergeben haben [STOP-Prinzip], müssen je nach Risikopotenzial sofort oder in einem bestimmten Zeitrahmen umgesetzt werden. Nach der Wirksamkeitsprüfung wird die GBU ebenfalls angepasst.
  • Regeländerungen
    • Sobald gesetzliche oder berufsgenossenschaftliche Regeln oder andere Anforderung neu erschienen oder angepasst wurden, sind die Arbeitsbereiche und Tätigkeiten neu zu bewerten.
  • Neuen Risikoabschätzungen
    • Werden Risiken neu bewertet, kann dies unter Umständen auch eine Anpassung der GBU zur Folge haben.
  • Neuen Erkenntnissen aus Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
    • Ähnlich wie bei dem Punkt Regeländerungen ist eine Analyse auch bei neuen Erkenntnissen im Arbeitsschutz oder der Arbeitsmedizin zu berücksichtigen. Gleiches gilt auch bei arbeitsmedizinischen Hinweisen der Betriebsärzte/innen.
  • In regelmäßigen Abständen
    • Die diversen Vorschriften geben häufig auch Zeiträume an, nach denen die GBU angepasst werden muss – z.B. mindestens 1*jährlich in Kleinstbetrieben.
  • Geänderten Arbeitsbedingungen oder Arbeitsumgebungen sowie Anlagen
    • Sobald sich Arbeitsbedingungen bzw. -umgebungen ändern, sind die Tätigkeiten und Bereiche neu zu bewerten.
  • Neuen oder geänderten Betriebsmitteln
    • Auch bei der Einführung / Beschaffung neuer Arbeits- und Betriebsmittel ist eine Anpassung der GBU notwendig – häufig ist dabei auch eine Erstprüfung des Betriebsmittels damit verbunden.
  • Neuen oder geänderten Betriebsstoffen (Gefahrstoffen)
    • Gerade Gefahrstoffe erfordern eine besonders intensive Bewertung. So ist bei jedem Stoff, der als besonders gefährlich eingestuft wird neben der GBU immer eine Substitution zu prüfen. Grundsätzlich gilt, dass bei jeder Neubeschaffung auf Basis des Sicherheitsdatenblatts eine Prüfung erforderlich ist.
Grafik eines Zahnrades